Lieben lernen: Neue Chancen für die Aktie
20. August 2014
Die meisten Deutschen halten sich noch immer brav an das Gebot der Sparsamkeit. Mehr als 10 % unseres Einkommens legen wir durchschnittlich zurück. Doch bringen sich viele Sparer langfristig dabei um ihr Geld, weil sie ihre Anlagestrategie nicht an die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen.
Ein großes Risiko: Risikoaversion
Das Ersparte der Deutschen liegt größtenteils auf Giro- bzw. Tagesgeldkonten oder es ist in Versicherungsprodukten gebunden. Nur etwa jeder neunte Deutsche ist Aktionär, berechnet das Deutsche Aktieninstitut – Fondsbesitzer schon mitgezählt. Zum Vergleich: In den USA hält jeder zweite Bürger Aktien, in Schweden oder Großbritannien jeder fünfte.
Die Scheu vor Aktien begründen Sparer oft mit dem – durchaus verständlichen – Wunsch nach einer sicheren Geldanlage. Was sie allerdings nicht bedenken: In Zeiten historisch niedriger Zinsniveaus entwickelt sich ihre Risikoaversion selbst zu einem Risiko. Denn die geliebten Tagesgeldkonten bringen zurzeit weniger als 1 % Zinsen und erwirtschaften damit gerade einmal die Inflationsrate. „Sicher“ ist bei dieser Anlage aktuell also nur eines: Ein – kurzfristig zwar überschaubarer, langfristig aber fataler – Vermögensverlust.
Eine Chance für die Aktie
So unerfreulich diese Situation für manchen privaten Anleger sein mag – für Investor-Relations (IR)-Manager, die die Finanzkommunikation des Unternehmens mit seinen Anteilseignern verantworten, bedeutet sie eine Chance. Denn mit der hierzulande wenig geliebten Aktie bieten sie dem Sparer, der sich aktiv um sein Vermögen kümmern möchte, eine Möglichkeit, sein Geld doch noch zu mehren.
Um Privatanleger für ihre Aktien zu gewinnen, müssen sich Unternehmen aber besser auf deren Bedürfnisse einstellen. Anders als institutionelle Investoren sind diese zumeist eher an einem langfristigen Engagement als an kurzfristigen Tradinggewinnen interessiert. Privataktionäre sind dem IR-Management namentlich bekannt. Die persönliche Ansprache und eine direkte Kommunikation, die den Anteilseigner regelmäßig über die Unternehmensstrategie und zu erwartende Entwicklungen informiert, sind daher wichtig. Das Vertrauen der Aktionäre gewinnen IR-Manager, wenn sie diese nicht nur auf Chancen, sondern auch auf mögliche Risiken hinweisen.
Da sich Privatanleger anders über Fragen der Vermögensanlage informieren als Institutionelle, müssen Emittenten auch hier umdenken. Kompakte und zeitgemäße Medien wie Videos und Management-Interviews können die Kerninhalte des Geschäftsberichts besser transportieren als das umfangreiche Printwerk. Wichtig ist zudem eine gute Pressearbeit, denn private Anleger informieren sich vor allem über Fachzeitschriften und Wirtschaftssendungen.
Selten hatten IR-Manager so gute Chancen, deutsche Privatanleger davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, auch chancenreichere Anlageklassen in das Portfolio aufzunehmen. Es muss ja nicht gleich die große Aktienliebe sein. Für eine Zweckgemeinschaft sollte es angesichts der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber allemal reichen. Und mit wachsender Vertrautheit wächst manchmal ja auch die Liebe.
Kay Bommer, Geschäftsführer DIRK – Deutscher Investor Relations Verband
Dieser Artikel ist erschienen bei Anlegerplus und Sie finden ihn hier